Castro Clone

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Der Typus des Castro Clone (auch Castro Street Clone, Castro Clone Look, Castro Look, oder manchmal einfach nur Clone Look oder Clone) entwickelte sich in den späten 1960ern und beginnenden 1970ern in San Francisco, der Heimatstadt von Levi Strauss & Co.

Typ-Beschreibung

Der Typus hat seinen Namen von der Castro Street, wo man ihm oft begegnen konnte. Er schaut supermaskulin aus, ähnlich wie ein Cowboy oder der damalige Malboro-Mann. Die Kleidung wurde so gewählt, dass sie den die Konturen des gut getrimmten männlichen Körpers offenbart und zelebriert wurden. Er trägt enge Jeans, am besten Levis 501 mit knöpfbaren Hosenstall, vielleicht ohne Unterhose, so dass die Kurven des Geschlechtsteils gut sichtbar sind und nichts im Wege ist. Dazu kommt manchmal ein breiter Ledergürtel. Oben trägt man ein T-Shirt oder auch ein Tank-Top, bei kühlerem Wetter auch eine Lederjacke (oft ohne Hemd) oder ein karriertes Flanellhemd nach Holzfällerart. Die Fußbekleidung besteht aus Lederstiefel oder Arbeitsschuhen und im Gesicht trägt man einen dicken, getrimmten Schnurrbart. Die Kopfhaare blieben wahrscheinlich zuerst hippiehaft lang und wurden Mitte bis Ende der 1970er kürzer, aber nicht so kurz wie heute.[1][2][3][4]

In einem Bericht über die ersten Gay Games 1982 in San Francisco schreibt in der Zeitschrift Der Spiegel Reporter Rolf Kunkel: "Die Männer [...] sehen alle verblüffend ähnlich aus: schlank, muskulös, Bürstenhaarschnitt, Jeans und Cowboystiefel - als wären sie gerade von einer Marlboro-Reklamewand herabgestiegen. Sie haben nichts von der Tuntenhaftigkeit mancher deutscher Schwuler an sich. Es sind Gays der zweiten Generation, die seit Jahren in einer homosexuellen Gesellschaft leben, die ihre Veranlagung als etwas Selbstverständliches angenommen haben. Auf ihren solariumgebräunten, hantelgestählten Oberkörpern baumeln kleine Trillerpfeifen - ihre Selbstschutzanlagen. Damit rufen sie Hilfe herbei, wenn sie wieder einmal von den "Latinos", den Hispano-Amerikanern, attackiert werden."[5]

Weiterentwicklungen und Abwandlungen existieren bis heute.

Verbreitung

In den 1970ern breitete sich diese Mode mit der Schwulenbewegung in den ganzen USA aus.[6] Den Typus verkörpern zum Beispiel die Pornostars Al Parker und Glenn Steers und bei den Village People der Cowboy, der Polizist und vor allem jener Charakter, welcher später erst mit In the Navy zum Soldaten mutierte. In ihrem Lied San Francisco (1977) besingen sie auch die Castro Street, und erwähnen "Levi's and T's are the best now all right". Der Typus kommt neben dem Ledertypen auch in vielen Zeichnungen Tom of Finlands vor[7]. Im Buch The Butch Manual (1982) von Clark Henley gibt es eine satirische Lehrstunde, wie man einem effiminierten Mann zu einen maskulinen "Clone"-Image verhilft: "Lächeln kann für Babies als sozial akzeptabel betrachtet werden. An schwulen Männern wirkt es verzweifelt. Ein Lächeln ist eine offene Aufforderung für Zurückweisung. Die maskuline Sicherheitsmaßnahme gegen ein versehentliches Lächeln ist ein großer Schnurrbart oder Bart."[8]

Der Bear nahm Teile des Castro Clone, entstand aber unter anderem als Kontrapunkt zu dessen Gymnastikraum-gestählten Körper[9].

Der Ledertyp mit Lederkappe ist auffälliger, hat mit dem Schnurrbart und der Ledejacke Gemeinsamkeiten zum Casto Clone Weil, wurde auch oft von Tom of Finland gezeichnet und wird gerne in der komödiantischen Unterhaltungsindustrie als Typus des "Schwulen" gerne verwendet. Manche unerfahrene bezeichnen dadurch diesen als Castro Clone.[10] Die Straße der Ledertypen war und ist hingegen die Folsom Street, wo auch das Folsom Street Fair stattfindet.

Geschichtlicher Hintergrund

Gab es von je her bis hinein in die 1960er sehr viele "Transvestiten" und "Queens" und zeichneten bestimmte Typen mit ihnen assozierte Verhaltensweisen bis in das Sexualverhalten hinein vor, so wurde das Bild des effimierten Mannes ab den 1960ern hinterfragt und durch die beginnende Freiheit wurde vieles möglich. Es gab zwar schon immer schwule Männer, welche sich konventionell maskulin kleideten, Anfang der 1970er wurde dann aber als "Gegen-Klischee" zur Queen der übermaskuline Männertypus modern, auch um das Klischee des dritten Geschlechts, also zwischen Mann und Frau stehend, abzuschütteln. Klarerweise war auch der Castro Clone selbst wieder ein Klischee, wenn auch ein historisch notwendiges. In seiner Sexualität war er frei, je nach belieben "Top" oder "Bottom". Wenn gewünscht tat man seine Vorlieben mit dem Hanky Code kund, insbesonders in der Lederszene[11][12][13]. "Erst nachdem sich die Schwulen durch ihr eigenes Erleben selbst überzeugt hatten, daß sie keineswegs feminin sein mußten, sondern im Gegenteil supermaskulin sein konnten, war es ihnen möglich, die Entkoppelung von Sexualverhalten und Geschlechtsrollenverhalten für sich selber zu vollziehen. jetzt waren es nur noch die «unaufgeklärte» breite Öffentlichkeit - darunter besonders die politischen und religiösen Gegner der Schwulen - und einige Forscher, die an den alten Klischees festhielten." (Haeberle 1994[14])

"Castro Look" bei den Heteros

Außerhalb der schwulen Szene bedeutet Castro Look aussehen wie Fidel Castro, insbesonders mit grüner Schirmkappe. Oder man trägt Kleidung des israelischen Modelabels Castro, welches von einem Herrn Castro in den 1950ern gegründet wurde und deren heutige Werbeanzeigen dem Castro Street Clone in modernisierter Form recht nahe kommen. Ein Castro Clone ist jemand, der sich politisch möglicherweise wie Fidel Castro verhält, oft fällt dabei derzeit der Name des venezulanischen Präsidenten Hugo Chavez.

Literatur

  • Martin P. Levine, Michael S. Kimmel: Gay Macho: The Life and Death of the Homosexual Clone, NYU Press, 1998, ISBN 0814746950

Weblinks

Einzelnachweise

  1. The Gay Species: Discrimination?, 20. Mai 2006
  2. The Gay Species: The Breaking of the Bread, 25. September 2007
  3. Sean Cribbin: Leather 101 - LESSON 25: THE FEMININE THREAT?, Gay Guide Toronto.com
  4. Victor Martorano: Letters - Tribe mentality doesn't work for all gays, Las Vegas Mercury, 21. Mai 2003
  5. Rolf Kunkel: "Nicht nur gute Tänzer und Friseure" - SPIEGEL-Reporter Rolf Kunkel über die Homosexuellen-Olympiade in San Francisco, DER SPIEGEL 36/1982 vom 06.09.1982, Seite 196; BRIEFE "Nicht jeder Stricker ist eine Tunte", DER SPIEGEL 38/1982 vom 20.09.1982, Seite k.A.
  6. Shaun Cole: Fashion, glbtq: An Encyclopedia of Gay, Lesbian, Bisexual, Transgender, and Queer Culture, 2002, Stand: 17. April 2005
  7. http://www.tomoffinlandfoundation.org/
  8. Arnie Kantrowitz: Humor, glbtq: An Encyclopedia of Gay, Lesbian, Bisexual, Transgender, and Queer Culture, 2002, Stand: 10. Juni 2006
  9. Simon Sheppard: Sex talk - Speaking of Bears, gmax.co.za & Planetout.com, 21 Juni 2000
  10. Liz Highleyman: Who Was Tom of Finland?, [Seattle Gay News Vol. 35 Nr. 21, 25. Mai 2007 & LETTERS From CAMP Rehoboth, Vol. 17 No. 5, 18. Mai 2007
  11. April Jones: Do You Know the Hanky Code?, Xpress Magazine, 4. Oktober 2006
  12. Crossing Signals, Time Magazine, 8. September 1975
    Another contributor reminisced about the good old days when "you could read a guy like a page, top to bottom." Nowadays, wrote Karl Maves, two strangers in a bar may spend more than 20 minutes staring at each other just "to figure out what the hell the other one is supposed to mean."
  13. Gays on the March, Time Magazine, 8. September 1975
    They come by subway or taxi rather than motorcycle, but they often wear motorcycle outfits, chains, handcuffs at the hips. Various colored handkerchiefs indicate different exotic sexual specialties, all of which can be quite confusing (see box page 43).
  14. Erwin J. Haeberle: Bisexualitäten - Geschichte und Dimensionen eines modernen wissenschaftlichen Problems, erschienen in:
    E. J. Haeberle und R. Gindorf: Bisexualitäten - Ideologie und Praxis des Sexualkontaktes mit beiden Geschlechtern, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1994, S. 1-39