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Aktuelle Version vom 19. Januar 2010, 16:31 Uhr

Karl Heinrich Ulrichs (* 28. August 1825, Westerfeld, Aurich (Ostfriesland); † 14. Juli 1895, L'Aquila, Italien) war ein Vorkämpfer der Homosexuellen-Bewegung.

Leben und Wirken

Von 1844 bis 1846 Studium der Theologie und Jurisprudenz an der Universität Göttingen, anschließend bis 1848 Studium der Geschichte an der Universität Berlin, Dissertation (auf Lateinisch) zum Thema Westfälischer Frieden. Als Gerichtsassessor wurden 1854 in Hildesheim gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil er einem Gerücht zufolge "widernatürliche Wollust mit anderen Männern treibe". Zwar war im Königreich Hannover Homosexualität nicht unter Strafe gestellt, jedoch damit verbundene öffentliche Ärgernisse (§ 276 des Criminalgesetzes für das Königreich Hannover). Daraufhin verließ Ulrichs sofort den Staatsdienst und ließ sich 1856 in Burgdorf als Anwalt nieder. 1859 erließ aber das Oberappellationsgericht Celle ein Berufsverbot nach entsprechenden Ermittlungen durch das Ministerium. Ulrichs schlug sich als Journalist (u. a. als Korrespondent der berühmten "Allgemeinen Zeitung" des Verlegers Cotta), als Privatsekretär und mit Fremdsprachenunterricht durch. (Ulrichs war einer der besten Lateinkenner seiner Zeit.)

1864 veröffentlicht Ulrichs die erste von insgesamt 12 Schriften Forschungen über das Räthsel der mannmännlichen Liebe, die in einigen deutschen Staaten verboten werden. In ihnen stellt Ulrichs die Hypothese von der weiblichen Seele im männlichen Körper auf. Gleichgeschlechtliche Liebe nennt er Uranismus (der Begriff Homosexualität wird erst 1869 durch den österreichisch-ungarischen Schriftsteller Karl Maria Kertbeny geprägt). Ulrichs bekennt sich öffentlich als Urning. Er geht von einer natürlichen, nicht krankhaften Veranlagung aus und fordert daher die Straflosigkeit homosexueller Handlungen.

Im Jahre 1867 trägt er diese Forderung erstmals öffentlich vor: Auf dem deutschen Juristentag in München vor 500 Mitgliedern ruft diese jedoch tumultartige Szenen vor, in denen seine Rede untergeht. Mit diesem Tag beginnt die Geschichte der Homosexuellen Emanzipation.

Mit seiner Forderung der urnischen Ehe und seiner Idee für einen Urnings-Bund hat er die Forderungen einer emanzipatorischen lesbisch-schwulen Bürgerrechtsbewegung vorweggenommen.

Friedrich Engels hat in einem Brief an Karl Marx sich äußerst abfällig und unterhalb der Gürtellinie über Ulrichs und dessen Eintreten für die Rechte gleichgeschlechtlich orientierter Menschen geäußert. Er regte aber den Versuch an, über Ulrichs an kompromittierendes Material über politische Rivalen zu kommen.

Erbittert und resigniert über seine Erfolglosigkeit, vor allem aber wegen der immer mehr um sich greifenden Homosexuellenverfolgung infolge der Reichseinigung unter Preußen (siehe § 175) geht Ulrichs 1880 nach Italien ins Exil, wo er sich in Neapel niederlässt. In Italien gibt er eine kleine, aber von Freunden des Lateinischen in mehreren Kontinenten abonnierte Zeitschrift Namens "Alaudea" (Lerchen) heraus. Damit verfolgt er ein neues idealistisches Ziel: Die Wiederbelebung der Lateinischen als Lingua franca der humanistisch Gebildeten. Im Juni 1883 zieht er nach L'Aquila, wo er zwölf Jahre später stirbt.

Jahrzehnte später griff der Sexualforscher Magnus Hirschfeld die Ideen von Ulrichs auf, entschärfte sie aber teilweise, indem er sie schon etablierten Theorien anglich, die die Homosexualität als krankhafte bzw. generative Entartung darstellten.

Urninge und Dioninge

Weil die bis dato benutzten Ausdrücke für die Vertreter des „Dritten Geschlechts“ ihm zu sehr negativ gefärbt erschienen, führte Ulrichs seine eigenen Begriffe ein. Seine Terminologie baute sich auf der Rede Pausanias in Platons Gastmahl (Kapitel 8 und 9), in der zwei Formen von Liebesgöttin angeführt werden. Den heterosexuellen Mann bezeichnete Ulrichs als Dioning – nach der Göttin Aphrodite Dionea, die Zeus als Vater und Dione als Mutter hatte, und somit verschiedengeschlechtliche Liebe repräsentierte. Den homosexuellen Mann bezeichnete Ulrichs als Urning – nach der Göttin Aphrodite Urania, die nach der Legende aus abgetrennten Körperteilen ihres Vaters Uranus entstand, also eingeschlechtliche Liebe repräsentierte. Ulrichs’ Systematik sah auch den Begriff Urninde für eine homosexuelle Frau vor.

Ulrichs war überzeugt, dass die Urninge und die Dioninge von verschiedener Natur wären, und daher der Ausdruck „widernatürliche Unzucht“ auf Liebe zwischen Urningen nicht anwendbar war. Die Liebe zwischen zwei Urningen war nach Meinung Ulrichs in höchstem Maße ethisch, weil sie die beiden Individuen ihrer Natur gemäß entwickeln lässt. In seinen Schriften erörterte Ulrichs auch die Frage einer Ehe zwischen einem Urning und einem Dioning und inwieweit diese ethisch vertretbar sei.

Aufgrund seiner Veröffentlichungen erhielt Ulrichs viele Zuschriften und wurde durch die sich daraus entwickelnde umfangreiche und weit gespannte Korrespondenz mit selbst Betroffenen auch mit verschiedenen Graden und Spielarten gleichgeschlechtlicher Neigungen bekannt, aufgrund dessen entwickelte er seine Theorie weiter und gelangte schließlich zu einer Art Zwischenstufen-Theorie, die später von Magnus Hirschfeld (der noch mit Ulrichs Schwester Ulrike darüber sprechen konnte) aufgegriffen wurde.

Urningsbund

In seinem Entwurf zu den „Satzungen für den Urningsbund“ hat Ulrichs unter ‚Zwecke‘ angegeben[1]

  • a) die Urninge aus ihrer bisherigen Vereinzelung zu reißen und sie zu einer solidarisch verbundenen compacten Masse zu vereinigen.
  • b) gegenüber der öffentlichen Meinung und den Organen des Staats die angeborenen Menschenrechte der Urninge zu verfechten, ihnen namentlich Gleichstellung mit den Dioningen vor dem Gesetz und in der menschlichen Gesellschaft überhaupt zu vindiciren.
  • c) eine urnische Literatur zu gründen.
  • d) geeignete urnische Schriften auf Bundeskosten zum Druck zu befördern.
  • e) für die Zwecke der Urninge in der Tagespresse zu wirken.
  • f) den einzelnen Urningen, welche ihres Uranismus wegen zu dulden haben, in jeder Noth und Gefahr beizustehn, ihnen wenn thunlich, auch zu angemessener Lebensstellung zu helfen.

Siehe auch

§ 175

Literatur

  • Kennedy, Hubert Ulrichs: The Life and Works of Karl Heinrich Ulrichs, Pioneer of the Modern Gay Movement. Boston 1988. Mitarbeit und deutsche Übersetzung: Manfred Herzer
  • Sigusch, Volkmar: Karl Heinrich Ulrichs. Der erste Schwule der Weltgeschichte. Bibliothek rosa Winkel, Bd. 21. Berlin: Verlag rosa Winkel 2000 - ISBN 3 86149 105 2

Weblinks

Quellen

  1. Hubert Kennedy: Karl Heinrich Ulrichs: Leben und Werk, MännerschwarmScript Verlag, Hamburg 2001, ISBN 3-935596-27-8

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Karl Heinrich Ulrichs aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.