Detlev

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Detlev (auch Detlef, Dettlef, Dettlev) ist ein männlicher Vorname althochdeutscher Herkunft. Er bedeutet „Sohn des Volkes“ oder „der im Volk lebende“. Besonders in Witzen wird der Name Detlev (etwa wie „Deetleew“ auszusprechen) als meist abwertende Bezeichnung für schwule Männer verwendet.

Ursprünglich stammt diese Verwendung aus dem Soldatendeutsch der Bundeswehr und wird in dieser Bedeutung vom Lexikographen Küpper ab dem Jahre 1965 datiert.[1]

1969/1970 erschien die Hörspiel-Langspielplatte „Ach duuu ... – Musikalische Schwärmerei nach Noten“ vom Travestiekünstler Marcel-André[2], auf der er seinen Freund Detlev in eine Travestiebar schleppt. Dieser ist zwar heterosexuell, aber das „Deetleew“ zieht sich durch die ganze Platte. In den 1970ern folgte eine ganze Palette von Detlev-Nummern, welche mit dem Düsseldorfer Karnevalisten Friedrich Riegels mit Hallo Detlev, hallo Mädels, huuuch ... anfing.[3]

Zwischen 1974 und 1980 erschien eine ganze Plattenserie unter dem Pseudonym „Detlev“, welche teilweise auf Parodien bekannter Hits beruhten. Die erste und bis heute bekannteste Nummer So schwul kann doch kein Mann sein aus dem Jahre 1974 ist eine in einem sehr „schwuchteligem“ Tonfall gesungene Parodie des Gitte-Hænning-Hits So schön kann doch kein Mann sein. Hinter Detlev standen der Produzent Gerhard Kämpfe und der Arrangeur und Familienvater Alexander Gordan, welcher auch selbst sang, nachdem keiner der sich vorstellenden Interpreten aus der Schwulenszene „schwul genug“ sang. Gerhard Kämpfe bedauert sehr, dass diese Schlagerparodien wegen der darin enthaltenen Klischees das Coming-out erheblich erschweren konnten und auch Leute mit dem Vornamen Detlev nicht immer ein leichtes Los mit ihrem Namen hatten: „So war's nicht gemeint.“[3] Im Jahr 1975 parodierte er Mike Krügers Debüt-Single „Mein Gott Walter“. In dieser Version macht sich ein Schwuler aus Not an ein Mädchen ran und wird bis zur Unkenntlichkeit verpügelt, während sich das zugemischte Publikum halbtot lacht. Die erste LP brachte Detlev 1977 unter dem Titel „Hallo Schwester - bist du ein Schlimmer!“ und dem Untertitel „Hits à po-po“ heraus.[4] 1980 brachte er die Single Ich bin so warm wie du heraus.[5] Das Original dazu ist Ich wär' so gern wie du von Bernhard Brink beziehungsweise She's In Love With You von Suzi Quatro.

In den 1970ern wurden infolgedessen Herrenhandtaschen (Handgelenktaschen) auch als Detlevtäschchen[6] oder Detlevschleuder bezeichnet.

Das Stereotyp wurde weiter verstärkt durch den 1978 erschienen biografischen Drogenszene-Roman Wir Kinder vom Bahnhof Zoo und dessen Verfilmung unter dem Titel Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo aus dem Jahre 1981. Christianes Freund, welcher sich als Stricher sein Geld verdiente, wurde Detlef genannt.

Im Jahre 1982 veröffentlichte die Neue-Deutsche-Welle-Sängerin Ixi ihre Debütsingle Detlev [, ich bitte dich, geh’ doch für mich auf den Strich]. Der Text dazu stammt von Gaby Tiedemann, alias Ixi.[7] Es ist ein zuckersüß verpackter Emanzensong, der bestehende Verhältnisse ins Gegenteil verkehrt. Während sonst Männer die Mädels auf den Strich schicken, wird hier der Spieß umgedreht. Gleichzeitig ist er zweideutig, weil Detlev einerseits der Freund der Vortragenden ist, andererseits auch für Männer zu haben ist. Dies wird durch die Namenswahl Detlev verstärkt, welche aber nicht von Christiane F. inspiriert wurde.[8] Später lernte Tiedemann Felix Kautsky, alias Felix Clemens, kennen, der die Musik dazu schrieb.[7] Der Jurastudent und spätere Chef von Sony Balthasar Schramm ging mit einem Demo ohne Wissen der Autoren zu Metronome, wo der Produktmanager begeistert war, da noch ein Geburtstagsgeschenk für seinen Chef namens Detlev gesucht wurde. Die Single wurde in Bravo vorgestellt und verkaufte sich nicht schlecht. Wegen der Refrain-Zeile wurde die Platte wenig im Radio und nicht im deutschen Fernsehen gespielt. Daraufhin wurde Promo-Single produziert, bei das einzige Vorkommen des Wortes „Strich“ mit einem Pieps übertönt wurde. Nach dem Erfolg von Der Knutschfleck im darauffolgenden Jahr spielte die Sendung Formel Eins auch den Videoclip zu Detlev. Der Bayerische Rundfunk klinkte sich jedoch aus der Übertragung aus, was bei dem Thema zur damaligen Zeit öfters der Fall war.[9]

Andere öfters in diesem Sinne verwendete Vonamen sind Olaf und Egon.[10]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinz Küpper: Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache, 1982–1984
  2. Ach duuu – Musikalische Schwärmereien nach Noten – Plattencover & Kommentare, europy-vinyl.de, gesehen am 21. März 2007
  3. 3,0 3,1 Ralf J. Raber: Ich will, dass es das alles gibt! – Homosexualität auf Schallplatte, Teil 2 (1952-1976) ISBN 3-89916-076-2
  4. Thomas Borgmann: Homosexualität ist in Schlagertexten tabu, cruiser.ch, April 2005
  5. Detlev - Ich bin so warm wie du (Ich wär so gern wie du) / Alexander (Single), secondhandlps.de
  6. Jody Skinner: Bezeichnungen für das Homosexuelle im Deutschen. Band II – Ein Wörterbuch, Die Blaue Eule, 1998, ISBN 3-89206-903-4
  7. 7,0 7,1 ISWC: T-801.682.163-0, GEMA-Werk.-Nr: 1488301-001
  8. Mail von Gaby Tiedemann an Benutzer:Fg68at über den Vermittler Michael Tann am 7. Januar 2009
  9. Michael Tann: "Mach mir doch kein Knutschfleck - alles nur kein Knutschfleck" - so klang es 1983 aus allen Radios, Interview mit Gaby Tiedemann, ichwillspass.de, etwa 1992
  10. Christel Balle: Tabus in der Sprache, P. Lang, 1990, S. 162