KZ Neusustrum
Das KZ Neusustrum, auch Lager V genannt, in der heutigen Gemeinde Sustrum, Ortsteil Sustrum-Moor, wurde 1933 als KZ errichtet. Es gehörte zu den berüchtigten 'Emslandlagern'. Das Lager Neusustrum war derjenige Ort in Deutschland, an dem in der NS-Zeit die meisten Homosexuellen (oft wegen Vergehen gegen §175) inhaftiert waren (unter ihnen auch der Schauspieler Harry Pauly).
1933 wird das Lager Neusustrum am 1. September als drittes KZ im Emsland nach Börgermoor und Esterwegen fertiggestellt, mit Platz für 1.000 Gefangene. Die Leitung übernimmt SS-Obersturmführer Emil Faust, der zuvor schon im KZ Esterwegen durch besondere Grausamkeit aufgefallen war.
Das KZ-System wird bald schon neu geordnet. Wie einige andere Emslandlager auch, wird Neusustrum im April 1934 als KZ aufgelöst. Der preußischen Justizverwaltung unterstellt, fungiert es ab diesem Zeitpunkt als Strafgefangenenlager und wird 1937/38 auf 1.500 Gefangenenplätze vergrößert.
Etwa 66.500 Strafgefangene wurden allein in die nördlichen Strafgefangenenlager im Emsland zwischen 1934 und 1945 eingeliefert. Zuständig für Organisation und Leitung der Strafgefangenenlager im Emsland war Werner Schäfer, zuvor Kommandant des KZ Oranienburg.
Zwar sprechen selbst neuere Dissertationen erstaunlicherweise von ‘Einzelfällen’ von Homosexuellen in den Emslandlagern [Lüerßen]. Andererseits befanden sich Hoffschild zufolge “an keinem Ort im Deutschen Reich mehr Homosexuelle in Haft … als in den Emslandlagern” [Hoffschild 1999, S. 35, zitiert nach Bührmann-Peters]. Andere Berichte [Dissertation Bührmann-Peters 'Deliktstatistik' S. 159, Daten jeweils für unterschiedlich kurze Zeiträume] sprechen von einem Anteil von 1,1% bis 9,9% Homosexuellen an allen Insassen der Emslandlager. “Insgesamt wurden die Gefangenen, die aufgrund ihrer Homosexualität in Gefängnissen und Zuchthäusern saßen, häufiger in die Emslandlager “überwiesen” als andere Gefangene. Das heißt die als homosexuell Inhaftierten wurden einem als besonders brutal und abschreckend geltenden Strafvollzug ausgesetzt.”
Die im Lager Neusustrum Verstorbenen sind auf dem Friedhof Bockhorst / Esterwegen beigesetzt.
Nach Kriegsende wurde das Lager Neusustrum bis 1950 von der Justizstrafanstalt Lingen zur Unterbringung von Gefangenen genutzt. Die Baracken wurden anschließend abgerissen. Auf dem Gelände der früheren Häftlingsbaracken befindet sich heute der Sportplatz der Schule.
Heute erinnert vor Ort nur wenig an das Lager Neusustrum. An die homosexuellen Gefangenen und Verfolgten und ihr Schicksal erinnert (außer der Erwähnung des Begriffs Homosexuelle auf der Informationstafel) nichts an diesem Ort.
Anreise:
Das Gelände des ehemaligen Lagers Neusustrum ist auch angesichts des Fehlens jeglicher Hinweisschilder etwas schwer zu finden. Die Nord-Süd-Straße von Rhede Richtung Süden fahrend, rechts bei km 49,1 in den Ort ‘Sustrumermoor’ fahren. Nach einigen Metern sieht man rechts die Kirche, links die Feuerwehr. Vor der Feuerwehr nach links abbiegen auf die Teichstraße (ehemaligen Lagerstraße). Nach wenigen Metern sieht man rechterhand ein Kreuz und einige Gedenktafeln, gelegen in einer Parkanlage (dem ehemaligen Gelände der Baracken der Wachmannschaften). Auf der gegenüber liegenden Seite befindet sich ein Sportplatz – dort befanden sich die Häftlingsbaracken
Literatur
Rainer Hoffschildt: Die Verfolgung der Homosexuellen in der NS-Zeit - Zahlen und Schicksale aus Norddeutschland. Rosa Winkel, Berlin 1999
Frank Bührmann-Peters: Ziviler Strafvollzug für die Wehrmacht. Militärgerichtlich Verurteilte in den Emslandlagern 1939 - 1945. Dissertation Universität Osnabrück, Sommersemester 2002