Wissenschaftlich-humanitäres Komitee: Unterschied zwischen den Versionen

Aus HomoWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
K (Link Max Spohr)
(neu gegliedert und die WHK_neu ergänzt)
 
(Eine dazwischenliegende Version von einem anderen Benutzer wird nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Das '''Wissenschaftlich-humanitäre Komitee''' (WHK) war der erste Versuch in der Geschichte, sich gegen antihomosexuelle Strafgesetze zu organisieren und die Öffentlichkeit über das „Wesen der mann-männlichen Liebe“ aufzuklären. Es wurde am 15. Mai 1897 von [[Magnus Hirschfeld]] zusammen mit dem Verleger [[Max Spohr]], dem Juristen [[Eduard Oberg]] und dem Schriftsteller [[Max von Bülow]] gegründet. Das Komitee diente dem Zweck, eine kritische Öffentlichkeit für die Streichung des [[Paragraph 175|Paragraphen 175]] zu mobilisieren, welcher den Beischlaf zwischen Männern mit Gefängnis bedrohte.
== Erste Organisation ==
 
Das '''Wissenschaftlich-humanitäre Komitee''' (WHK) war der erste Versuch in der Geschichte, sich gegen antihomosexuelle Strafgesetze zu organisieren und die Öffentlichkeit über das „Wesen der mann-männlichen Liebe“ aufzuklären. Es wurde am 15. Mai 1897 von [[Magnus Hirschfeld]] zusammen mit dem Verleger Max Spohr, dem Juristen Eduard Oberg und dem Schriftsteller [[w:Max von Bülow|Max von Bülow]] gegründet. Das Komitee diente dem Zweck, eine kritische Öffentlichkeit für die Streichung des [[Paragraph 175|Paragraphen 175]] zu mobilisieren, welcher den Beischlaf zwischen Männern mit Gefängnis bedrohte.


Das WhK war eng mit Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft verbunden. Von diesem übernahm es eine Reihe wissenschaftlicher Theorien, die allesamt darauf hinausliefen, [[Homosexualität|Homosexuelle]] als ein biologisch „drittes Geschlecht“ zwischen Mann und Frau zu konstruieren. Diese Art der Theoriebildung geriet bereits in der Weimarer Republik in eine Außenseiterrolle. Ihr Ziel war es, durch den Nachweis der Angeborenseins der Homosexualität das Strafrecht für unanwendbar zu erklären.  
Das WhK war eng mit Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft verbunden. Von diesem übernahm es eine Reihe wissenschaftlicher Theorien, die allesamt darauf hinausliefen, [[Homosexualität|Homosexuelle]] als ein biologisch „drittes Geschlecht“ zwischen Mann und Frau zu konstruieren. Diese Art der Theoriebildung geriet bereits in der Weimarer Republik in eine Außenseiterrolle. Ihr Ziel war es, durch den Nachweis der Angeborenseins der Homosexualität das Strafrecht für unanwendbar zu erklären.  
Zeile 6: Zeile 8:


Kurt Hiller, der 1933 dreimal verhaftet wurde und in KZs eingekerkert war, wurde auf hohe Führsprache hin< 1934 entlassen und konnte über Prag nach London fliehen. 1955 kehrte er nach Hamburg zurück und wollte dort 1962 das WhK neu zu gründen. Er blieb dabei aber isoliert und der Versuch scheiterte.
Kurt Hiller, der 1933 dreimal verhaftet wurde und in KZs eingekerkert war, wurde auf hohe Führsprache hin< 1934 entlassen und konnte über Prag nach London fliehen. 1955 kehrte er nach Hamburg zurück und wollte dort 1962 das WhK neu zu gründen. Er blieb dabei aber isoliert und der Versuch scheiterte.


----
----


Im Jahre 1998 wurde unter dem Namen "wissenschaftlich-humanitäres komitee (whk)" eine neue Verbindung und ein zugehöriger Förderverein gegründet. Ein Bezug zum historischen WhK besteht nur durch den Namen und den Einsatz in schwullesbischen Themenbereichen. Die neue Verbindung nimmt in vielen Fragen eine konträre Position zum [[LSVD]] ein und fühlt sich der revolutionären Linken verbunden. Das wissenschaftlich-humanitäre komitee gibt die Zeitschrift ''"Gigi. Zeitschrift für sexuelle Emanzipation"'' heraus, die 2001 mit einem Sonderpreis des [[Felix-Rexhausen-Preis|Felix-Rexhausen-Preises]] ausgezeichnet wurde.
== "Zweite Neue Organisation" mit gleichem Namen ==
 
Im Jahre 1998 wurde unter dem Namen "wissenschaftlich-humanitäres komitee (whk)" - nachfolgend zur Unterscheidung mit '''WHK_neu''' bezeichnet - eine neue Verbindung und ein zugehöriger Förderverein gegründet. Ein Bezug zum historischen WhK besteht nur durch den Namen und den Einsatz in schwullesbischen Themenbereichen. Die neue Verbindung nimmt in vielen Fragen eine konträre Position zum [[LSVD]] ein und fühlt sich der revolutionären Linken verbunden. Die größte Aktivität entwickelte diese Organisation zum Entstehungszeitpunkt des [[Lebenspartnerschaftsgesetz]]es, das von WHK_neu vehement abgelehnt wurde. Die bekannteste Teil-Aktion von WHK_neu in dem Zusammenhang ihrer Aktion gegen das Gesetzesvorhaben war die [[Kölner Erklärung]] im Jahre 2000.
 
Das wissenschaftlich-humanitäre komitee gibt die Zeitschrift ''"Gigi. Zeitschrift für sexuelle Emanzipation"'' heraus, die 2001 mit einem Sonderpreis des [[Felix-Rexhausen-Preis|Felix-Rexhausen-Preises]] ausgezeichnet wurde. Mit der letzten Ausgabe Nummer 66 zum 01. März 2010 stellte Gigi aufgrund personeller Engpässe ihr Erscheinen ein.
 
Hier nun ein Auszug der Selbstdefinition der WHK_neu:
 
''""Durch Wissen zur Gerechtigkeit" – so hieß ein Leitspruch des 1897 in Berlin unter Federführung des Arztes Magnus Hirschfeld gegründeten "Wissenschaftlich-humanitäres Komitees", der weltweit ersten Homosexuellenorganisation. Damals bezog sich der aufklärerische Impetus vor allem auf die Vermittlung von Wissen über die verschiedenen Möglichkeiten von Sexualität.''
 
 
''Hundert und ein Jahr später ist hierzulande viel erreicht: Homosexualität steht nicht mehr per se unter Strafe, die Gesellschaft ist toleranter gegenüber abweichenden Lebensweisen, anderen Sexualitäten geworden und ungezählte Vereine streiten für Gleichberechtigung – in den gegebenen Verhältnissen.''
 
''Doch ist das schon Gerechtigkeit, etwas, das auf der Idee umfassender Gleichheit sowohl zwischen den Individuen als auch der des Individuums gegenüber Staat und Gesetz basiert? Vielmehr erleben wir, daß die bürgerlichen Repräsentanten vor allem schwuler Männer, aber auch lesbischer Frauen, bereit sind, für den Erwerb bestimmter Vorrechte sich und ihre Klientel dem heterosexuell geprägten Wertekanon zu unterwerfen und dabei neue Formen von Diskriminierung, vor allem soziale Kontrolle und politische Disziplinierung, billigend in Kauf zu nehmen."''
 
== Weblinks ==
 
Zur originalen WhK gibt es selbstverständlich keine Webseite, da sie seit 1933 nicht mehr existiert. Sekundäre Links sind unter [[Magnus Hirschfeld]] zu suchen.
 
Zur WHK_neu gibt es die Folgenden Links:
 
[http://www.whk.de/start.htm Website der WHK_neu]
 
[http://www.gigi-online.de Website der Zeitschrift Gigi]
 
 


[[Kategorie:Politik]]
[[Kategorie:Politik]]

Aktuelle Version vom 15. August 2010, 10:20 Uhr

Erste Organisation

Das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WHK) war der erste Versuch in der Geschichte, sich gegen antihomosexuelle Strafgesetze zu organisieren und die Öffentlichkeit über das „Wesen der mann-männlichen Liebe“ aufzuklären. Es wurde am 15. Mai 1897 von Magnus Hirschfeld zusammen mit dem Verleger Max Spohr, dem Juristen Eduard Oberg und dem Schriftsteller Max von Bülow gegründet. Das Komitee diente dem Zweck, eine kritische Öffentlichkeit für die Streichung des Paragraphen 175 zu mobilisieren, welcher den Beischlaf zwischen Männern mit Gefängnis bedrohte.

Das WhK war eng mit Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft verbunden. Von diesem übernahm es eine Reihe wissenschaftlicher Theorien, die allesamt darauf hinausliefen, Homosexuelle als ein biologisch „drittes Geschlecht“ zwischen Mann und Frau zu konstruieren. Diese Art der Theoriebildung geriet bereits in der Weimarer Republik in eine Außenseiterrolle. Ihr Ziel war es, durch den Nachweis der Angeborenseins der Homosexualität das Strafrecht für unanwendbar zu erklären.

Das Komitee hatte seinen Sitz in Berlin und Zweigstellen in etwa 25 deutschen, österreichischen und niederländischen Städten. Obwohl es nie mehr als 500 Mitglieder hatte, gilt es als wichtiger Meilenstein der homosexuellen Emanzipationsbewegung.

Kurt Hiller, der 1933 dreimal verhaftet wurde und in KZs eingekerkert war, wurde auf hohe Führsprache hin< 1934 entlassen und konnte über Prag nach London fliehen. 1955 kehrte er nach Hamburg zurück und wollte dort 1962 das WhK neu zu gründen. Er blieb dabei aber isoliert und der Versuch scheiterte.



"Zweite Neue Organisation" mit gleichem Namen

Im Jahre 1998 wurde unter dem Namen "wissenschaftlich-humanitäres komitee (whk)" - nachfolgend zur Unterscheidung mit WHK_neu bezeichnet - eine neue Verbindung und ein zugehöriger Förderverein gegründet. Ein Bezug zum historischen WhK besteht nur durch den Namen und den Einsatz in schwullesbischen Themenbereichen. Die neue Verbindung nimmt in vielen Fragen eine konträre Position zum LSVD ein und fühlt sich der revolutionären Linken verbunden. Die größte Aktivität entwickelte diese Organisation zum Entstehungszeitpunkt des Lebenspartnerschaftsgesetzes, das von WHK_neu vehement abgelehnt wurde. Die bekannteste Teil-Aktion von WHK_neu in dem Zusammenhang ihrer Aktion gegen das Gesetzesvorhaben war die Kölner Erklärung im Jahre 2000.

Das wissenschaftlich-humanitäre komitee gibt die Zeitschrift "Gigi. Zeitschrift für sexuelle Emanzipation" heraus, die 2001 mit einem Sonderpreis des Felix-Rexhausen-Preises ausgezeichnet wurde. Mit der letzten Ausgabe Nummer 66 zum 01. März 2010 stellte Gigi aufgrund personeller Engpässe ihr Erscheinen ein.

Hier nun ein Auszug der Selbstdefinition der WHK_neu:

""Durch Wissen zur Gerechtigkeit" – so hieß ein Leitspruch des 1897 in Berlin unter Federführung des Arztes Magnus Hirschfeld gegründeten "Wissenschaftlich-humanitäres Komitees", der weltweit ersten Homosexuellenorganisation. Damals bezog sich der aufklärerische Impetus vor allem auf die Vermittlung von Wissen über die verschiedenen Möglichkeiten von Sexualität.


Hundert und ein Jahr später ist hierzulande viel erreicht: Homosexualität steht nicht mehr per se unter Strafe, die Gesellschaft ist toleranter gegenüber abweichenden Lebensweisen, anderen Sexualitäten geworden und ungezählte Vereine streiten für Gleichberechtigung – in den gegebenen Verhältnissen.

Doch ist das schon Gerechtigkeit, etwas, das auf der Idee umfassender Gleichheit sowohl zwischen den Individuen als auch der des Individuums gegenüber Staat und Gesetz basiert? Vielmehr erleben wir, daß die bürgerlichen Repräsentanten vor allem schwuler Männer, aber auch lesbischer Frauen, bereit sind, für den Erwerb bestimmter Vorrechte sich und ihre Klientel dem heterosexuell geprägten Wertekanon zu unterwerfen und dabei neue Formen von Diskriminierung, vor allem soziale Kontrolle und politische Disziplinierung, billigend in Kauf zu nehmen."

Weblinks

Zur originalen WhK gibt es selbstverständlich keine Webseite, da sie seit 1933 nicht mehr existiert. Sekundäre Links sind unter Magnus Hirschfeld zu suchen.

Zur WHK_neu gibt es die Folgenden Links:

Website der WHK_neu

Website der Zeitschrift Gigi


Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Wissenschaftlich-humanitäres Komitee aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.