Reichszentrale für Homosexualität und Abtreibung: Unterschied zwischen den Versionen
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Bereits 1938 wurden in der ‘Reichszentrale’ die Daten von 28.800 Männern erfasst und gespeichert, die entweder wegen Homosexualität bestraft oder dieser ‘verdächtig’ waren. Bis 1940 soll sich ihre Zahl auf 41.000 Männer erhöht haben (Joachim Müller | Bereits 1938 wurden in der ‘Reichszentrale’ die Daten von 28.800 Männern erfasst und gespeichert, die entweder wegen Homosexualität bestraft oder dieser ‘verdächtig’ waren. Bis 1940 soll sich ihre Zahl auf 41.000 Männer erhöht haben (Joachim Müller spricht sogar von 95.000 Männern). | ||
Am Werderschen Markt erinnert heute nichts an das ehemalige (im Krieg bombardierte) Reichskriminalpolizeiamt und die dort ansässigen ‘Reichszentralen’. Das Reichskriminalpolizeiamt fand seinen Nachfolger im Bundeskriminalamt. | Am Werderschen Markt erinnert heute nichts an das ehemalige (im Krieg bombardierte) Reichskriminalpolizeiamt und die dort ansässigen ‘Reichszentralen’. Das Reichskriminalpolizeiamt fand seinen Nachfolger im Bundeskriminalamt. | ||
== Veröffentlichungen == | |||
Rodenberg, Karl-Heinz: Über echte Kombinationen epileptischer und schizophrener Symptomkomplexe (Dissertation 1930; im [https://portal.d-nb.de/ Katalog der Deutschen Nationalbibliothek]) | |||
== Literatur == | |||
Jörg Hutter: [http://www.joerg-hutter.de/polizei.htm Die Rolle der Polizei bei der Schwulen- und Lesbenverfolgung im Nationalsozialismus] | |||
Joachim Müller: ‘Betrifft: Haftgruppen “Homosexuelle” – Rehabilitierung (k)ein Problem? Schlaglichter zu einigen markanten Stationen in offiziellen und öffentlichen Bereichen’, in: ‘Homosexuelle in Konzentrationslagern’, Bad Münstereifel 2000 | |||
"Monströse Trauergesten im Land der Täter sind deplatziert" - Historiker Peter Reichel kritisiert "Vereinfachung der Gedenkkultur". Deutschlandradio Kultur 27.05.2008 ([http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/791235/ online]) | |||
=== Weblinks === | |||
* [http://www.2mecs.de/wp/2008/09/die-reichszentrale-zur-bekampfung-der-homosexualitat-schreibtisch-tater-der-homosexuellenverfolgung/ 2mecs: Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität – Schreibtisch-Täter der Homosexuellenverfolgung] | |||
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Aktuelle Version vom 20. Januar 2016, 17:42 Uhr
Die ‘Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung’ war die bürokratische Zentralstelle der Verfolgung Homosexueller in der NS-Zeit.
Durch Geheimbefehl des NS-Innenministers Heinrich Himmler vom 10. 10. 1936 wurde die ‘Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung‘ gegründet. Sie war angesiedelt im Hauptsitz des Reichskriminalpolizeiamts (das wiederum seit Juni 1936 Himmler unterstellt war) in Berlin am Werderschen Markt.
Aufgabe dieser ‘Reichszentrale’ war die reichsweite Erfassung und Registrierung der Homosexuellen, die nach §175 oder einem anderen ‘Sittlichkeitsdelikt’ straffällig geworden waren. Sie war zur Anordnung oder eigenständigen Durchführung von Ermittlungen (z.B. mobile Sonderkommandos der Gestapo) befugt. Eine Richtlinie vom 11.5.1937 regelte zudem u.a. die ständige Überwachung von Strichjungen. In der Namensgebung und Kombination von Homosexualität und Abtreibung kommt die ‘rassehygienische’ Intention ihrer Einrichtung zum Ausdruck.
Zunächst (von ihrer Errichtung bis 1939) war die ‘Reichszentrale’ angesiedelt innerhalb der Gestapo, ab 1939 dann wieder im Reichskriminalpolizei(haupt)amt. Organisatorisch unterstellt war die ‘Reichszentrale’ dem ‘Reichssicherheitshauptamt’ (Amt V). Beide, Kriminalpolizei und Gestapo, bedeuteten für viele Homosexuelle den Weg in KZs: Während für die ‘Schutzhaft’ die Gestapo zuständig war, drohte seitens der Reichs-Kriminalpolizei sogenannte ‘Vorbeugehaft’. Beide Haftarten führten i.d.R. zur Einweisung in Konzentrationslager (bes. seit dem Erlass ‘Vorbeugende Verbrechensbekämpfung durch die Polizei’ vom 14.12.1937). Ab dem Erlass des ‘Reichssicherheitshauptamts’ vom 12. Juli 1940 war zudem auch formell legalisiert, dass Homosexuelle auch ohne Gerichtsurteil in KZs eingewiesen werden konnten.
Der ‘Vorläufer’ der ‘Reichszentrale’, das ‘Sonderdezernat II 1 Homosexualität‘ entstand schon 1934 auf Befehl Himmlers beim preußischen Geheimen Staatspolizeiamt (Gestapa). Bereits im Herbst 1934 waren alle deutschen Polizeipräsidien angewiesen worden, für ihre Dienststellen Listen mit den Namen sämtlicher Homosexueller zu verfassen. Beide, Sonderdezernat und Reichszentrale, waren in Personalunion Josef Meisinger unterstellt.
Nachfolger Meisingers als Leiter der ‘Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung’ wurde Kriminalrat Erich Jacob. Ihm zur Seite gestellt als ‘wissenschaftlicher Leiter’ wurde ab Juli 1943 der Neurologe (Dissertation) und Psychiater Carl-Heinz Rodenberg (auch: Karl-Heinrich oder Karl-Heinz; zuvor u.a. als Gutachter an der Euthanasie-Mordaktion T4 beteiligt).
Mit der verschärften Neufassung des §175 im Jahr 1935 verschärfte sich auch der Verfolgungsdruck gegen Homosexuelle. Bereits 1938 wurden in der ‘Reichszentrale’ die Daten von 28.800 Männern erfasst und gespeichert, die entweder wegen Homosexualität bestraft oder dieser ‘verdächtig’ waren. Bis 1940 soll sich ihre Zahl auf 41.000 Männer erhöht haben (Joachim Müller spricht sogar von 95.000 Männern).
Am Werderschen Markt erinnert heute nichts an das ehemalige (im Krieg bombardierte) Reichskriminalpolizeiamt und die dort ansässigen ‘Reichszentralen’. Das Reichskriminalpolizeiamt fand seinen Nachfolger im Bundeskriminalamt.
Veröffentlichungen
Rodenberg, Karl-Heinz: Über echte Kombinationen epileptischer und schizophrener Symptomkomplexe (Dissertation 1930; im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek)
Literatur
Jörg Hutter: Die Rolle der Polizei bei der Schwulen- und Lesbenverfolgung im Nationalsozialismus
Joachim Müller: ‘Betrifft: Haftgruppen “Homosexuelle” – Rehabilitierung (k)ein Problem? Schlaglichter zu einigen markanten Stationen in offiziellen und öffentlichen Bereichen’, in: ‘Homosexuelle in Konzentrationslagern’, Bad Münstereifel 2000
"Monströse Trauergesten im Land der Täter sind deplatziert" - Historiker Peter Reichel kritisiert "Vereinfachung der Gedenkkultur". Deutschlandradio Kultur 27.05.2008 (online)