Männerschwarm Verlag: Unterschied zwischen den Versionen
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Im Dezember 1980 von [[Dieter Telge]] und [[Henning Rademacher]] als '''Homolulu Buchladen GmbH''' gegründet wurde der Buchladen im Juni 1981 am Neuen Pferdemarkt 32 in Hamburg eröffnet. Im November 2002 Umzug in die Lange Reihe 102. | |||
Mitarbeiter sind im Lauf der Jahre [[Volker Enkertz]], [[Klaus Weinrich]], [[Thomas Bode]], [[Olaf Bölter]], [[Michael Diegner]], [[Joachim Bartholomae]], [[Harry Böhnke]], [[Andreas Rumpenhorst]], [[Helmut Mörwald]], [[Tobias Völker]], [[Uwe Mosebach]], [[Torsten Hergasz]], [[André Prange]], [[Philipp Moskophidis]] (die letzten fünf Auszubildende) und [[Marco Schwarz]]. Heute sind [[Hans-Jürgen Köster]] und [[Volker Wuttke]] Geschäftsführer, seit 2002 gibt es wechselnde lesbische Mitarbeiterinnen auf Teilzeit. Mit dem Umzug in die Lange Reihe treten der GmbH sukzessive zehn weitere Gesellschafter bei, um die Kapitalbasis zu stärken. | |||
Der Buchladen wird als Ableger von Prinz Eisenherz gegründet: Dieter Telge macht dort ein Praktikum und fotokopiert die Sortimentskartei (= A6-Karten); für alle Arbeitsabläufe werden die Eisenherz-«Protokolle» schriftlich fixiert und übernommen. Später kommt es zu Rivalitäten zwischen beiden Läden auf verschiedenen Ebenen, erst hinsichtlich der wirtschaftlichen, dann der inhaltlichen Kompetenz. – Ab 1987 publiziert der Buchladen die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift '''Literatussi''', die nach der Gründung des Männerschwarm Verlags 1992 eingestellt | |||
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Seit 1992 kommt es mehrmals zu Problemen mit der Staatsanwaltschaft. Das 1992 verhängte Busgeld gegen die Geschäftsführer hätte den Buchladen ruiniert, würde nicht im selben Jahr der Comic '''Bullenklöten''' von [[Ralf König]] erscheinen, der nennenswerte Einnahmen in die Kasse spült. Anlass für die Polizeidurchsuchungen und –beschlagnahmen sind Ermittlungen wegen Kinder- und Gewaltpornografie. Alle Ermittlungsverfahren erweisen sich als grob fehlerhaft, doch leider wird jeweils irgendeine Kleinigkeit gefunden (z.B. eine einzige «unsittliche» Anzeige in einer Zeitschrift, ein einziges von der [[BPJS]] indiziertes Buch, das nur in einer Liste genannt wurde, aber im Laden nicht vorrätig war), aufgrund derer die Staatsanwaltschaft das Gesicht wahren kann und die Geschäftsführer zahlen müssen. (Die letzte Polizeidurchsuchung des Buchladens im Jahr 2002 geht auf die Anzeige einer Kundin zurück, die die Polizei gleich mitbringt. Zum Entsetzen der Kundin finden die Beamten nichts, was sie beanstanden können.) Wie auch Prinz Eisenherz tritt der Männerschwarm immer offensiv für den Verkauf von Pornografie ein, der in Deutschland ja nicht verboten ist. Die Grenze zwischen Legalität und Illegalität wird von der Justiz in Hamburg und Berlin offenbar unterschiedlich ausgelegt. | |||
Die Polizeimaßnahmen führen 1992 zu einer sofortigen Entsolidarisierung der linken Buchläden in Hamburg, die gemeinsam einen Rechtshilfefonds betreiben. Es kommt zu langwierigen Auseinandersetzungen, an deren Ende ein heterosexueller Kollege das Pornoregal gründlich inspiziert und dann berichtet, schwule Pornografie sei «irgendwie anders», er habe daran nichts auszusetzen (keine Menschenverachtung). Der Männerschwarm nimmt als erster Buchladen Spielfilme mit schwulem Plot ins Programm; zirka 1988 wird die erste Video-Liste an die Kunden verschickt. | |||
Als in den 1990er Jahren die heterosexuelle [[SM-Szene]] starken Zulauf bekommt, stellt man fest, dass Sexshops keine Bücher und Buchläden keinen «Schweinkram» verkaufen – mit Ausnahme des Männerschwarm. «SM» ist der einzige Sortimentsbereich im Buchladen, in dem schon immer auch heterosexuelle Bücher angeboten wurden (ganz einfach, weil es lange Zeit insgesamt so wenig gab, dass Schwule auch heterosexuelle Stoffe lasen). Die Nachfrage explodiert und die regelmäßig verschickten SM-Listen bringen einige Jahre lang deutlich höhere Umsätze als der «normale» Versandkatalog für die schwule Kundschaft. Aktuell hat der Buchladen mit «Furry»-Büchern eine neue Marktlücke entdeckt: Romane und Comics über (schwule) anthropomorphe Pelztiere, um die | |||
sich eine kleine Gemeinde gebildet hat. | |||
Der Anteil von Büchern am Sortiment beträgt zirka 65 % - gegenüber DVDs und Regenbogenartikeln. Der Umsatz liegt nach kontinuierlichen Rückgängen seit 2004 nun bei zirka 300 000 €. | |||
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[[Joachim Bartholomae]]: Chronik des schwulen Buchhandels und der Verlage | |||
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Aktuelle Version vom 5. August 2017, 01:31 Uhr
Geschichte
Im Dezember 1980 von Dieter Telge und Henning Rademacher als Homolulu Buchladen GmbH gegründet wurde der Buchladen im Juni 1981 am Neuen Pferdemarkt 32 in Hamburg eröffnet. Im November 2002 Umzug in die Lange Reihe 102. Mitarbeiter sind im Lauf der Jahre Volker Enkertz, Klaus Weinrich, Thomas Bode, Olaf Bölter, Michael Diegner, Joachim Bartholomae, Harry Böhnke, Andreas Rumpenhorst, Helmut Mörwald, Tobias Völker, Uwe Mosebach, Torsten Hergasz, André Prange, Philipp Moskophidis (die letzten fünf Auszubildende) und Marco Schwarz. Heute sind Hans-Jürgen Köster und Volker Wuttke Geschäftsführer, seit 2002 gibt es wechselnde lesbische Mitarbeiterinnen auf Teilzeit. Mit dem Umzug in die Lange Reihe treten der GmbH sukzessive zehn weitere Gesellschafter bei, um die Kapitalbasis zu stärken.
Der Buchladen wird als Ableger von Prinz Eisenherz gegründet: Dieter Telge macht dort ein Praktikum und fotokopiert die Sortimentskartei (= A6-Karten); für alle Arbeitsabläufe werden die Eisenherz-«Protokolle» schriftlich fixiert und übernommen. Später kommt es zu Rivalitäten zwischen beiden Läden auf verschiedenen Ebenen, erst hinsichtlich der wirtschaftlichen, dann der inhaltlichen Kompetenz. – Ab 1987 publiziert der Buchladen die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift Literatussi, die nach der Gründung des Männerschwarm Verlags 1992 eingestellt wird.
Seit 1992 kommt es mehrmals zu Problemen mit der Staatsanwaltschaft. Das 1992 verhängte Busgeld gegen die Geschäftsführer hätte den Buchladen ruiniert, würde nicht im selben Jahr der Comic Bullenklöten von Ralf König erscheinen, der nennenswerte Einnahmen in die Kasse spült. Anlass für die Polizeidurchsuchungen und –beschlagnahmen sind Ermittlungen wegen Kinder- und Gewaltpornografie. Alle Ermittlungsverfahren erweisen sich als grob fehlerhaft, doch leider wird jeweils irgendeine Kleinigkeit gefunden (z.B. eine einzige «unsittliche» Anzeige in einer Zeitschrift, ein einziges von der BPJS indiziertes Buch, das nur in einer Liste genannt wurde, aber im Laden nicht vorrätig war), aufgrund derer die Staatsanwaltschaft das Gesicht wahren kann und die Geschäftsführer zahlen müssen. (Die letzte Polizeidurchsuchung des Buchladens im Jahr 2002 geht auf die Anzeige einer Kundin zurück, die die Polizei gleich mitbringt. Zum Entsetzen der Kundin finden die Beamten nichts, was sie beanstanden können.) Wie auch Prinz Eisenherz tritt der Männerschwarm immer offensiv für den Verkauf von Pornografie ein, der in Deutschland ja nicht verboten ist. Die Grenze zwischen Legalität und Illegalität wird von der Justiz in Hamburg und Berlin offenbar unterschiedlich ausgelegt. Die Polizeimaßnahmen führen 1992 zu einer sofortigen Entsolidarisierung der linken Buchläden in Hamburg, die gemeinsam einen Rechtshilfefonds betreiben. Es kommt zu langwierigen Auseinandersetzungen, an deren Ende ein heterosexueller Kollege das Pornoregal gründlich inspiziert und dann berichtet, schwule Pornografie sei «irgendwie anders», er habe daran nichts auszusetzen (keine Menschenverachtung). Der Männerschwarm nimmt als erster Buchladen Spielfilme mit schwulem Plot ins Programm; zirka 1988 wird die erste Video-Liste an die Kunden verschickt.
Als in den 1990er Jahren die heterosexuelle SM-Szene starken Zulauf bekommt, stellt man fest, dass Sexshops keine Bücher und Buchläden keinen «Schweinkram» verkaufen – mit Ausnahme des Männerschwarm. «SM» ist der einzige Sortimentsbereich im Buchladen, in dem schon immer auch heterosexuelle Bücher angeboten wurden (ganz einfach, weil es lange Zeit insgesamt so wenig gab, dass Schwule auch heterosexuelle Stoffe lasen). Die Nachfrage explodiert und die regelmäßig verschickten SM-Listen bringen einige Jahre lang deutlich höhere Umsätze als der «normale» Versandkatalog für die schwule Kundschaft. Aktuell hat der Buchladen mit «Furry»-Büchern eine neue Marktlücke entdeckt: Romane und Comics über (schwule) anthropomorphe Pelztiere, um die sich eine kleine Gemeinde gebildet hat. Der Anteil von Büchern am Sortiment beträgt zirka 65 % - gegenüber DVDs und Regenbogenartikeln. Der Umsatz liegt nach kontinuierlichen Rückgängen seit 2004 nun bei zirka 300 000 €.
MännerschwarmSkript Verlag ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Hamburg.
Das Gesamtprogramm des Buchverlages umfasst neben schwuler Belletristik und Sachbüchern die Schwerpunkte Reiseführer, Fotobände, Ratgeber, Comics, Kunstbände.
Der MännerschwarmSkript Verlag ist 1992 aus dem Buchladen Männerschwarm an der Langen Reihe in Hamburg entstanden. Zum Bestand des MännerschwarmSkript Verlages gehören auch die Bücher und Werke der Bibliothek rosa Winkel (anfangs im Verlag Rosa Winkel) von Wolfram Setz, die bis 2000 eigenständig bestand. Des Weiteren gehört zum Bestand die Edition Waldschlösschen sowie die Queer Lectures. Der Verlag gibt die Zeitschrift Invertito, Jahrbuch für die Geschichte der Homosexualitäten heraus.
Weblinks
Einzelnachweise
Joachim Bartholomae: Chronik des schwulen Buchhandels und der Verlage