Homophobie: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 6. August 2008, 23:01 Uhr
Unter Homophobie wird bei heterosexuellen Menschen eine Angst vor homosexuellen Menschen verstanden.
Begriffsabgrenzung
Unter Homophobie wird die Angst und Abneigung verstanden, die homosexuellen Menschen gegenübergebracht wird. Unter Heterosexismus wird der Chauvinismus von gewöhnlichen Menschen aus dem Volk gegenüber homosexuellen Menschen bezeichnet. Im Gegensatz dazu wird der Chauvinismus, der vom System (Staatssystem, Rechtssystem, Ökonomie, Religion) ausgeht als Heteronormativität bezeichnet. Angst, Abneigung und Chauvinismus zusammen bildet den Begriff Homofeindlichkeit. Letzterer ist kaum gebräuchlich, da er sowohl die sehr seltene Lesbenfeindlichkeit als auch die weitverbreitete Schwulenfeindlichkeit beinhaltet.
Tiefenpsychologische Erklärung
Nach w:Sigmund Freuds w:Triebtheorie gibt es vier Phasen der frühkindlichen Entwicklung. Gerade in der analen Phase besteht in unserer heutigen Gesellschaft mit ihrem Hygienewahn eine kollektive Störung vor. Diese führt einerseits zur Tabuisierung des Anus und zum anderen zu einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung. Außerdem gibt es zwangsgestörte Penetrationsängste, die auf o.g. Tabuisierung des Anus beruhen.
Des weiteren existiert die weitverbreitete Angst "umgedreht" zu werden.
Rollenspezifisches Phänomen
Heterosexuelle Männer und heterosexuelle Frauen sind weit verbreitet schwulenfeindlich, während heterosexuelle Männer in der Regel nicht lesbenfeindlich sind. Het-Frauen sehen in Schwulen "Drückeberger" vor der traditionellen Rolle, Het-Männer sehen in Schwulen Verräter am eigenen herrschenden Geschlecht. Da die Rollenflucht bei Lesben einzig als "Magd-Flucht" gedeutet werden kann, ist Lesbenfeindlichkeit ein eher seltenes Phänomen.
Sozialpsychologisch-Eurozentristisches Phänomen
Die Verfassungen Europas sind fast ausnahmslos homophob, da die Freiheit der sexuellen Orientierung nicht als Menschenrechte formuliert sind, was auch Abbild der Gesellschaften Europas ist: In weiten Teilen der Gesellschaften Europas wird die Freiheit der sexuellen Orientierung nicht als Menschenrecht angesehen: Wenn ein Vermieter in einem Mehrfamilienhaus keine ethnischen Konflikte will und somit bei verfeindeten Ethnien einem Bewerber der Ethnie B zurückweist, weil die verfeindete Ethnie A bereits drin wohnt, gibt es einen Sturm der Entrüstung. Wenn ein männlicher Mieter gekündigt bekommt, weil er zuviel Männerbesuch empfängt, dann regt sich niemand auf.
Wenn eine Band, die schwul ist, sich weigert, häßliche Männer - wie landauf landab in der Werbung - darzustellen, sondern Männer, die ästhetisch sind, wird ihr Rechtsradikalität attestiert. Wenn eine Rapper-Band singt: "Schlagt alle Schwulen tot", dann ist dies nach common-sense selbstverständlich politisch korrekt und keineswegs rechtsradikal.
Homophobie ist somit auch ein typisch sozialpsychologisch-eurozentristisches Phänomen: Vor der Kolonialisation gab es die Homophobie ausschließlich in Europa. Kurz nach der Öffnung Chinas nach Westen (Ende des 18. Jahrhunderts) wurden im Land der Nanshoku-Tradition erstmals Schwule verfolgt. Kurz nach der Öffnung Japans nach Westen (Ende des 19. Jahrhunderts) wurde im Land der Shudo-Tradition der schwulenfeindliche §175 des deutschen StGBs in Japan eingeführt. Vor der Kolonialzeit waren die Gesellschaften Afrikas und Papua-Neuguineas weitgehend bisexuelle Gesellschaften. Heute wird in fast allen Ländern Afrikas und in Papua-Neuguinea Homosexualität streng bestraft.
Soziologisches Phänomen
Schwule Eremiten brauchten nicht unbedingt in sexueller Abstinenz zu leben: Mit ein paar Kerzen läßt sich das Abgeschiedensein doch recht lustvoll gestalten. Gerade dieses zwangfreie selbstbestimmte Dasein eines Schwulen bringt Het-Männer in eine Abwehrrolle: Zusätzlich zur traditionellen Rollenverteilung, nach der es für den Het-Mann keinen freien Sex geben sollte, kommt das Fehlen von tauglichen Hilfsmitteln. Dadurch ist ein Leben in Einschränkung oder in Bevormundung unumgänglich (Die Het-Männer Athens mußten wegen eines Sexstreiks ihrer Ehefrauen gegen ihren Willen einem Krieg fernbleiben!). Da die Gesellschaft für einen Gesellschaftskonformisten nicht verantwortlich gemacht werden darf, werden vermeintlich "privillegierte" Minderheiten (hier ganz klar Schwule) für das Dillemma verantwortlich gemacht.
Geschichtsstufen der Homophobie
Während es im Altertum nur in wenigen Gesellschaften - wie z.B. der Ägyptens - diffuse Homophobie (hier zunächst in Form der Tuckenfeindlichkeit) gab, verschlimmerte sich die Situation durch den Einfluß der ägyptischen Kultur auf den hellenisch-phönizischen Raum. In der Antike war Homosexualität nur noch geduldet - allerdings schon stigmatisiert. In der Spätantike verschlimmerte sich die Situation mit der Einführung des Christentums.
Im Mittelalter, in dem das Christentum eine immer zentralere Rolle und später die faktische politische Herrschaft übernahm (Investiturstreit), verschlimmerte sich die Lage bis hin zur physischen Vernichtung (Sodomiterverfolgung (s.a. Templer)).
Die Renaissance brachte - nach einer Phase der neuen Freiheit - eine weitere Verschlimmerung (beginnend mit der Inhaftierung Leonardo da Vincis wegen Sodomiterei bis hin zur Reformation (Puritaner)). Erst der Barock mit seiner freizügigen Sexualmoral brachte wieder eine Ära der weitgehenden Befreiung.
Die Aufklärung und die darauf aufbauende sog. "liberale" Gesellschaft brachte eine fortwährende Verschlimmerung der Situation:
- 1837 - 1901 w:viktorianisches Zeitalter: kleinbürgerlich-verklemmte Sexualmoral. Da in diesem Zeitalter der UK das Vorbild für Europa und das Vorbild für das Empire war, sei hier nur die britische Homophobie gekennzeichnet:
- 1839 w:en:Sarah Stickney brachte die viktorianische Familien- und Sexualmoral in schriftlich fixierter Form heraus.
- 1885 britisches Gesetz zur Kriminalisierung der Homosexualität
- 1901 - 1914 Vorkriegszeit
- 1900 Neue Hygienegedanken kommen auf. Analverkehr wird zunehmend auch als hygienisch und gesundheitlich unrein angesehen. Zeitgleich kommt in der Säuglingspflege die Gummihose auf, was die Hygienevorstellungen weiterhin vorantreibt.
- 1918 - 1933 Zwischenkriegszeit: Die Demokratisierung durch die Weimaer Republik wurde in der Bevölkerung als Demokratisierung der Verwaltung angesehen. Eine geistige Demokratisierung fand indes nie statt - wäre auch wegen der weitverbreiteten zwanghaft Persönlichkeitsgestörung der Gesellschaft nicht möglich gewesen. Selbst die einst libertine (freudianische) Linke folgte zunehmend dem antidemokratischen Stalinismus.
- 1930 Ausschluß Wilhelm Reichs aus der KPD, da seine Thesen im Widerspruch zur stalinistischen Sexualmoral standen.
- 1933 - 1945 Nationalsozialismus: Physische Massenvernichtung von Schwulen.
- 1950er Kalter Krieg: Antidemokratische Zustände in den USA (Mc Carthy). Verfolgung Wilhelm Reichs aufgrund seiner Diskonformität zur Sexualmoral; Abkehr von der Psychoanalyse zum prüden Beheaviorismus.
- 1951 Weitere Radikalisierung von Hygienegedanken. Zeitgleich kommt in der Säuglingspflege die auslaufsichere PVC-Gummihose (Boater) auf, was die Hygienevorstellungen weiterhin vorantreibt. Panische Angst vor Infektionskrankheiten, Massenimpfungen.
- 1960 - 1967 Tauwetterperiode
- 1961 weiteres Voranschreiten der Hygienehysterie und der weitverbreiteten Angst vor Infektionskrankheiten. Massenverordnungen von Antibiotika. Zeitgleich kommt in der Säuglingspflege die auslaufsichere Pampers auf, was die Hygienehysterie weiterhin vorantreibt.
- 1968er: Durch die sexuelle Revolution setzte nach und nach eine Entkriminalisierung der Homosexualität ein. Homosexualität wird mehr und mehr nicht mehr als sozialfeindliches und kriminelles, sondern als unmoralisches und unhygienisches Phänomen angesehen.
- 1980 - 1996 AIDS-Zeitalter: Homosexualität wird immer mehr als unmoralisches, unhygienisches gesundheits- und seuchengefährdendes Phänomen angesehen.
- 1996 - heute: HAART-Ära: Zunehmende Tauwetterperiode. Schwulsein wird ignoriert.