Poppers
Poppers, das aus Amylnitrit besteht ist ein Löse und Reinigungsmittel. Es wird auch als Videotonkopfreiniger oder als Lederpflegemittel verkauft.
Im menschlichen Körper hat Poppers den Effekt eines starken Aphrodisiakums mit dissoziativer Wirkung. In niederen Dosen werden die Gefühle intensiviert, das Schmerzempfinden verstärkt, die Pupillen verkleinert (es wird dunkel) und der Analsphinkter entspannt. Verletzungen bei BDSM-Praktiken werden durch die Schmerzverstärkung vermieden und ein unschönes Ziehen wird bei der Analpenetration dem Penetrierten erspart.
Die Wirkung ist so sehr auf schwule Sexualpraktiken abgestimmt, daß es gar den Satz gab: "Der Gott, der Poppers schuf, muß schwul gewesen sein".
Es handelt sich nicht um eine Droge, also einem Pflanzenauszug, sondern um ein industrielles Lösungsmittel (wie Trichlorethan im Tipp-Ex oder Reinigungsbenzin). Daher ist ein Verschlucken unbedingt zu vermeiden, denn es ist ein Lösemittel und verschluckt löst es dann Speiseröhre, Magen und Darm an.
Chemisch handelt es sich um organische Nitrite, die den organischen Nitraten Nitrogycerin (Herzmittel gegen Angina Pektoris) und Nitromethan (im Rennbenzin) chemisch ähnlich sind. Die psychische Wirkung der Nitrite ist indes völlig anders als die der Nitrate.
Konsum und Wirkung
Die Dämpfe der leicht flüchtigen Flüssigkeit werden entweder über einen getränkten Wattebausch im Nasenloch oder sublingual mit einem getränkten Ohrenstäbchen oder eben direkt aus der Gasmaske (getränktes Pad in den Filter) inhaliert. Die psychische Wirkung variiert aufgrund seiner dissoziativen Wirkung extrem dosisabhängig:
- Intensivierung von Empfindungen
- Verstärkung von Schmerzen
- Visionen des Archetypus des Phallus
Letztere aber nur unter extrem hohen Dosen und unter der Gasmaske. Der Archetypus wird als extrem dämonisch empfunden und die psychische Nachwirkung/Verarbeitung wirkt noch ca. 1 Stunde nach der eigentlichen Wirkung nach. Diese setzt nach 5 bis 15 Sekunden ein, und hält, abhängig von der inhalierten Menge, zwischen einer und maximal zehn Minuten an. Psychisch wirken extreme Erlebnisse indes noch etwa eine Stunde nach.
Der Mischkonsum von Poppers mit Viagra oder anderen Phosphodiesterase-5-Hemmern wie Cialis oder Levitra kann zu einem plötzlichen und lebensgefährlichen Abfall des Blutdrucks führen[1].
Überdosierung
Eine Überdosis kann zu Hypotonie (zu geringer Blutdruck), Schock, Methämoglobinämie, (hämolytischer) Anämie (Blutarmut) und zum Koma führen. Durch ihre ätzende Wirkung können Poppers die Schleimhäute ernsthaft verletzen - speziell bei übermäßiger Inhalation.
Eine Überdosis muss im Krankenhaus behandelt werden. Bei Hypotonie bzw. Schock reicht eine Volumengabe aus (intravenöse Verabreichung von Kochsalzlösung), bei Methämoglobinämie wird das Antidot Toluidinblau oder Methylenblau intravenös verabreicht.
Karzinogene Wirkung
Dem Bereich der AIDS-Dissidenten zuzuordnen ist die Behauptung, Poppers seien die alleinige Ursache für das Entstehen des Kaposi-Sarkoms, einer Krebsart, die fast ausschließlich bei schwulen AIDS-Kranken, sehr selten aber bei AIDS-Kranken der Risikogruppe iv-Heroin-Konsumenten auftritt. Dies wäre damit zu begründen, daß die Hauptkonsumenten von Poppers seien, wie auch viele AIDS-Kranke, Homosexuelle seien.
Seit 1995 ist jedoch bewiesen, dass das Kaposi-Sarkom durch eine Infektion mit dem Humanen Herpesvirus Typ 8 (HHV-8) hervorgerufen wird, der bei gesunden Menschen in der Regel keinen Schaden anrichtet, wohl aber bei immungeschwächten Patienten mit einer fortgeschrittenen AIDS-Erkrankung. Das HHV-8 ist somit der lange gesuchte Co-Faktor, der die Co-Faktor-Theorie Poppers widerlegt.[2].
In neuerer Zeit konzentrieren sich Studien darauf zu untersuchen, ob inhalierbare organische Nitrite (Inhaltsstoffe von Poppers) immunsuppressive oder cancerogene Eigenschaften besitzen und so ganz allgemein zum Wachstum von Tumoren beitragen können[3].
Literatur
- Christian Scheuß, Micha Schulze (Hrsg.): Poppers. Das Handbuch zur schwulen Sexdroge, Himmelstürmer Verlag 2006, ISBN 3934-8255-40
- ↑ Smith KM et al. Recreational use and misuse of phosphodiesterase 5 inhibitors. J Am Pharm Assoc (Wash DC). 2005 Jan-Feb;45(1):63-72 PMID: 15730119
- ↑ Schalling M et al.: A role for a new herpes virus (KSHV) in different forms of Kaposi's sarcoma. Nat Med. 1995 Jul;1(7):707-8. PMID: 7585156
- ↑ Tran DC et al.: Effects of repeated in vivo inhalant nitrite exposure on gene expression in mouse liver and lungs. Nitric Oxide. 2006 Jun;14(4):279-89. PMID: 16288974