Kurt Hiller

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Kurt Hiller, revolutionärer Pazifist, schwuler Aktivist und Schriftsteller.

Kurt Hiller (* 17. August 1885 in Berlin; † 1. Oktober 1972 in Hamburg), ‘Mitbegründer der homosexuellen Bürgerrechtsbewegung’, wurde am 17. August 1885 in Berlin geboren. Hiller gehörte seit 1908 bis zu dessen gewaltsamer Auflösung durch die Nazis dem Wissenschaftlich-humanitären Komitee (ab 24.11.1929 als zweiter Vorsitzender) von Magnus Hirschfeld sowie dessen Institut für Sexualwissenschaft an, stand gleichwohl Hirschfelds Theorie der ‘sexuellen Zwischenstufen‘ skeptisch gegenüber.

Hiller verstand sich als revolutionärer Pazifist und war als streitbarer undogmatischer Schriftsteller (‘Literarischer Aktivismus’) und Denker umstritten, eckte an. Neben Ossietzky und Tucholsky und weiteren Autoren wie Mühsam und Kästner ist Hiller seit 1915 einer der wichtigsten Autoren der ‘Weltbühne’. Er arbeitet zudem aktiv an zahlreichen anderen Zeitschriften mit, an deren Gründung er teils selbst beteiligt war (so 1911 ‘Die Aktion‘). 1919 ist Hiller Mitbegründer des (1933 von den Nazis zerschlagenen) Bundes der Kriegsdienstgegner sowie 1926 der ‘Gruppe revolutionärer Pazifisten’.

Hiller wird mehrfach von den Nazis verhaftet und in den KZs Columbiahaus, Brandenburg und Oranienburg mißhandelt. 1934 gelingt ihm die Flucht nach Prag, 1938 flüchtet er weiter nach London, wo er u.a. 1939 den ‘Freiheitsbund Deutscher Sozialisten’ gründet und den Begriff ‘freiheitlicher Sozialismus’ prägt. Kurt Hiller ist neben Klaus Mann einer der wenigen Exil-Deutschen, die auch immer wieder öffentlich auf die Situation der Homosexuellen in Nazi-Deutschland hinweisen.

1955 kehrt Hiller nach Deutschland zurück. Bereits 1949 beteiligt er sich zeitweise an dem Versuch von Hans Giese, ein neues WhK zu gründen, sowie an der von diesem gegründeten ‘Gesellschaft zur Reform des Sexualstrafrechts’. 1962 scheitert ein erneuter Versuch Hillers, das Wissenschaftlich-humanitären Komitee erneut zu gründen, ebenfalls.

Hiller lebt bis zu seinem Tod am 1. Oktober 1972 in Hamburg.

Hillers juristische Dissertation aus dem Jahr 1908 “Das Recht über sich selbst” ist erst jüngst (nach über 100 Jahren) erstmals wieder verfügbar als Reprint (im von-Bockel-Verlag Neumünster). Über diese Dissertation schrieb Hiller in seinen Memoiren:

“Beim Studium des in Deutschland geltenden Strafrechts entdeckte ich plötzlich, daß die Befugnis des Individuums, körperlich über sich selbst zu verfügen und über andere voll Willensfähige mit deren freier und ernstlicher Zustimmung, gar auf ihre flehentlichen Bitten, an allen Ecken und Enden unsres Gesetzbuches verneint und verweigert wird. Das Freiheitsfeindliche, Gedankenlose, Barbarische dieses legalen Zustands erschütterte mich, und ein Zwang überkam mich, ihn mindestens aufzudecken.”

Hiller selbst starb am 1. Oktober 1972 in Hamburg. Die Urne mit seiner Asche wurde im Grab seines Freundes Walter Detlev Schultz (Walter D. Schultz) auf dem Ohlsdforfer Friedhof beigesetzt.

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